Empörung über Beförderung von Maassen
Die SPD-Vizechefin und bayerische Spitzenkandidatin Natascha Kohnen forderte am Mittwoch laut "Spiegel" in einem Brief an Parteichefin Andrea Nahles, die sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder sollten der Beförderung Maassens nicht zustimmen.
Maassen habe "massgeblich dazu beigetragen, die rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz zu verharmlosen", schreiben Kohnen und ihre Stellvertreterin Johanna Uekermann laut "Spiegel". Maassens Beförderung sei "in der Sache ein schwerer Fehler, politisch nicht nachvollziehbar und nirgendwo vermittelbar".
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin und SPD-Vize Manuela Schwesig sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe): "Ich kann gut verstehen, dass viele Bürgerinnen und Bürger darauf mit Unverständnis reagieren."
Der Fall Maassen hatte innerhalb der "GroKo" für einen handfesten Krach gesorgt: die SPD forderte seine Ablösung, Innenminister Horst Seehofer (CSU) wollte an ihm festhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Seehofer und Nahles einigten sich am Dienstag darauf, dass Maassen seinen Hut nehmen muss. Zugleich vereinbarten die Koalitionsspitzen, dass der 55-Jährige Innen-Staatssekretär wird. Dem muss das Bundeskabinett noch zustimmen.
Maassen werde für Bundespolizei, Cybersicherheit und öffentliche Sicherheit zuständig sein, sagte Seehofer am Mittwoch. Die Aufsicht über den Verfassungsschutz soll Staatssekretär Hans-Georg Engelke haben.
Wer neuer Chef oder Chefin des Verfassungsschutzes wird, ist noch offen, auch er persönlich habe "noch keinen Namen im Kopf", sagte Seehofer. Er glaube, die Personalfrage werde noch vor der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober gelöst werden. Bis zu der Entscheidung wird Maassen im Amt bleiben.
"Provokation ersten Ranges"
Für weiteren Unmut in der SPD sorgte die Entscheidung, dass im Zuge des Kompromisses Innen-Staatssekretär Gunther Adler in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird. Der SPD-Mann ist wie Maassen 55 Jahre alt. Der niedersächsische SPD-Innenminister Boris Pistorius sprach in der "Rheinische Post" von einer "Provokation ersten Ranges".
Die FDP erklärte, Adler sei der "einzige Bauexperte" in der Bundesregierung gewesen, der sowohl in der Branche als auch über die Parteien hinweg hoch anerkannt gewesen sei. Sein Weggang kurz vor dem Wohngipfel sei "ein fatales Signal", erklärte der bau- und wohnungspolitische Fraktionssprecher Daniel Föst.
Auslöser des Koalitionsstreits über Maassen waren dessen Äusserungen zu Vorfällen in Chemnitz. Er hatte die Echtheit eines Videos bezweifelt, auf dem die Verfolgung von Ausländern zu sehen war, und widersprach der Einschätzung - auch der Kanzlerin -, es habe dort Hetzjagden gegeben. Daneben sorgten Treffen mit AfD-Politikern für Kritik.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagsausgabe), die Versetzung Maassens beschädige "massiv das Vertrauen in Politik und damit auch in unsere Demokratie". Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte im ARD-"Morgenmagazin", es gehe gar nicht, dass jemand nach "einem derartigen Versagen" auch noch befördert werde.
Nahles wirbt für Koalition
Derweil warb SPD-Chefin Andrea Nahles für eine Fortsetzung des Regierungsbündnisses mit CDU und CSU. "Die SPD sollte diese Bundesregierung nicht opfern, weil Horst Seehofer einen Beamten anstellt, den wir für ungeeignet halten", schrieb Nahles am Mittwoch in einem Reuters vorliegenden Brief an die SPD-Mitglieder.
Europa stehe vor einer Zerreissprobe, es drohe ein Handelskrieg mit den USA und die Situation um Syrien erfordere alles diplomatische Geschick. "Deswegen ist für die SPD wichtig, dass wir eine handlungsfähige Bundesregierung behalten." (sda/afp/reu)
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